Unsere bescheidene Untergewichtung der europäischen Aktien wurde ‚verdoppelt‘ und zeitgleich die konservative Haltung in Bezug auf das Eingehen von Anlagerisiken beibehalten. Gründe hierfür sind das größere Abwärtsrisiko für die Unternehmensgewinne in Europa sowie die Aussichten auf steigende Zinsen und einer Rezession.
Gründe für Besorgnis
Wir sind davon überzeugt, dass das Potenzial für enttäuschende Gewinne in Europa größer ist als im Rest der Welt, was sich allerdings bisher nicht in den Aktienbewertungen widerspiegelt. Hinzu kommt die Tatsache, dass die Diskontsätze in Europa voraussichtlich deutlich steigen werden. Der geldpolitische Schwerpunkt der Europäischen Zentralbank hat sich – ungeachtet der bereits ausgeprägten Abwärtsrisiken für das Wirtschaftswachstum – auf die Bekämpfung der Inflation verlagert.
Ein dritter Grund für die stärkere Untergewichtung sind die Auswirkungen des Konflikts in der Ukraine, die wir für die konjunkturabhängigen und geografisch nahe gelegenen Unternehmen in Europa als besonders stark einschätzen.
Nicht zuletzt gehen die Prognosen der Analysten davon aus, dass das Wachstum im zweiten Quartal 2022 kaum positiv sein dürfte. Damit ist die Gefahr einer Rezession in Europa wohl größer als in den USA. Die Auswirkungen auf die Unternehmensgewinne wären angesichts der hohen operativen Verschuldung der europäischen Unternehmen noch größer.
Risiken für den künftigen Konsum und das Wachstum
In den USA zeigt sich der Konsum bisher weitgehend robust. Die um 30-50 % gestiegenen Lagerbestände bei führenden US-Einzelhändlern wie Walmart und Target deuten jedoch darauf hin, dass die Nachfrage nicht mehr so hoch ist, wie erwartet. Eine anhaltend hohe Inflation stellt ein klares Risiko für den künftigen Konsum dar und erschwert es den Zentralbanken, ihre Geldpolitik zu straffen, ohne das Wachstum zu stark zu bremsen.
Anders ausgedrückt: Je länger die derzeitigen Bedingungen anhalten, umso unwahrscheinlicher scheint eine weiche Landung. Dies spiegelt sich in der bemerkenswerten Abflachung der Renditekurven in Europa und dem Rückgang der US-Breakeven-Renditen in den letzten Wochen wider. Die Liquiditätsbedingungen bei festverzinslichen Wertpapieren, insbesondere bei europäischen Unternehmensanleihen, bleiben schwierig, obwohl sich die Spreads bei europäischen Investment-Grade-Anleihen unterschiedslos ausgeweitet haben.
Ansichten zu den Anlageklassen, Stand: 7. Juni 2022

